Das Lieferkettengesetz: Eine unlösbare
Herausforderung für Waldbesitzer?

Das Lieferkettengesetz, das 2021 in Deutschland verabschiedet wurde und ab 2023 für Unternehmen ab einer bestimmten Größe in Kraft getreten ist, soll sicherstellen, dass Unternehmen entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Auch wenn das Gesetz für den Schutz von Arbeitskräften und der Umwelt eine sinnvolle Maßnahme ist, stellt es insbesondere für Waldbesitzer und die Forstwirtschaft vor erhebliche Probleme. In diesem Artikel beleuchten wir, warum das Lieferkettengesetz für Waldbesitzer kaum umsetzbar ist.

1. Komplexe und undurchsichtige Lieferketten

Die Forstwirtschaft hat eine Vielzahl an Akteuren und Zwischenhändlern, die oft in kleinen und mittleren Betrieben arbeiten. Vom Waldbesitzer über die Holzernte bis hin zu den Sägewerken und Holzverarbeitern – die Lieferkette ist nicht nur lang, sondern auch oft schwer nachzuvollziehen. Waldbesitzer sind häufig nicht direkt in den nachgelagerten Produktionsprozessen involviert und haben daher kaum Einfluss auf die späteren Schritte in der Wertschöpfungskette.

Ein Beispiel: Ein Waldbesitzer verkauft sein Holz an einen regionalen Händler. Dieser liefert es möglicherweise an mehrere Sägewerke oder exportiert es ins Ausland. Dort wird es wiederum zu unterschiedlichen Produkten weiterverarbeitet. Den Überblick über diesen langen und fragmentierten Prozess zu behalten, ist für den Waldbesitzer nahezu unmöglich, da er nicht die notwendige Transparenz besitzt und keinen Zugang zu Informationen über die nachgelagerten Akteure hat.

2. Bürokratischer Aufwand und Kosten

Das Lieferkettengesetz sieht vor, dass Unternehmen Sorgfaltspflichten erfüllen und Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltvergehen in ihrer gesamten Lieferkette minimieren. Dies bedeutet für Waldbesitzer, dass sie umfassende Nachweise darüber erbringen müssen, dass ihre Lieferkette frei von illegalen Praktiken ist – eine nahezu unlösbare Aufgabe.

Besonders kleinere Waldbesitzer, die ohnehin schon mit wirtschaftlichem Druck zu kämpfen haben, können den zusätzlichen Aufwand in Form von Dokumentation, Audits und Berichten kaum stemmen. Die Kosten für diese Maßnahmen sind enorm, insbesondere da viele Waldbesitzer nur geringe Erträge aus ihrem Wald erzielen.

3. Globale Dimension und ungleiche Verantwortung

Das Lieferkettengesetz hat das Ziel, Menschenrechte global zu schützen, doch die Anforderungen an Waldbesitzer in Deutschland scheinen oft unverhältnismäßig hoch, insbesondere im internationalen Vergleich. Während große Unternehmen besser in der Lage sind, Risiken zu identifizieren und ihre Lieferketten zu kontrollieren, fehlt es Waldbesitzern an den notwendigen Ressourcen und Netzwerken, um diese globalen Standards zu erfüllen.

Ein weiteres Problem: Viele Produkte aus dem deutschen Wald sind für den internationalen Markt bestimmt, wo sie oft mit Materialien aus anderen Ländern vermischt werden. Waldbesitzer haben keinen Einfluss auf die Bedingungen, unter denen in anderen Ländern gearbeitet wird. Dennoch könnten sie theoretisch für Verstöße in der weiteren Lieferkette zur Verantwortung gezogen werden – eine unfaire Last für einen so kleinen Akteur.

4. Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft: Schon längst etabliert

Viele deutsche Waldbesitzer setzen sich bereits seit Jahrzehnten für eine nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Wälder ein. Forstzertifikate wie PEFC oder FSC, die ökologische und soziale Standards garantieren, sind weit verbreitet. Diese Zertifikate stellen sicher, dass die Wälder langfristig erhalten bleiben und auf umweltschonende Weise genutzt werden. Es stellt sich daher die Frage, warum zusätzliche Verpflichtungen durch das Lieferkettengesetz notwendig sind, wenn bereits bewährte Zertifizierungssysteme existieren, die für nachhaltige Waldbewirtschaftung sorgen.

5. Fehlende Differenzierung im Gesetz

Das Lieferkettengesetz macht keinen Unterschied zwischen großen multinationalen Unternehmen und kleinen Waldbesitzern, was zu einer enormen Ungerechtigkeit führt. Ein kleines Forstunternehmen, das lokal agiert, wird mit denselben Maßstäben gemessen wie ein Großkonzern, der international handelt. Diese undifferenzierte Herangehensweise führt dazu, dass kleinere Waldbesitzer unter einem Gesetz leiden, das eigentlich auf große globale Lieferketten abzielt.

Fazit: Eine Reform ist dringend nötig

Das Lieferkettengesetz verfolgt edle Ziele, die jedoch für Waldbesitzer in Deutschland kaum umsetzbar sind. Die Komplexität der Lieferketten, der immense bürokratische Aufwand und die ungleiche Verantwortung machen es für kleinere Waldbetriebe nahezu unmöglich, die Anforderungen zu erfüllen. Es bedarf dringend einer Reform, die die spezifischen Bedingungen der Forstwirtschaft berücksichtigt und realisierbare Wege aufzeigt, wie auch Waldbesitzer sinnvoll in den globalen Schutz von Menschenrechten und Umwelt eingebunden werden können.

Ohne diese Anpassungen droht das Gesetz, nicht nur das Ziel der Nachhaltigkeit zu untergraben, sondern auch die Existenz vieler Waldbetriebe in Deutschland ernsthaft zu gefährden.